Kapitäns
häuser
In der Weserstraße stehen die meisten erhaltenen Vegesacker Kapitänshäuser. Die Anfänge dieser Straße stehen in enger Beziehung zum Arzt und Naturforscher Dr. Albrecht Wilhelm Roth, der von 1779-1834 in Vegesack lebte. Der Kurfürst von Hannover hatte dem Naturforscher das an seinen Gärten anschließende Grundstück geschenkt. Zu dieser Zeit war es noch eine öde Sandfläche am steilen Hang der Weser. Durch Sturmfluten und Eisgang war dieses Gelände stets gefährdet. Es kam oft vor, daß große Teile des überhängenden und brüchigen Ufers in die Weser rutschten. Erst durch das Aufspülen von großen Sandmassen und durch den Bau einer festen Straße (heute: Vegesacker Weserpromenade) durch den Bürgermeister Wittgenstein, 1924, war das Ufer befestigt.
Durch Landankäufe vergrößerte Roth sein Grundstück und schuf so die Grundlage für den heutigen Stadtgarten. Nach Roths Tod wurde das große Gelände am Steilhang in kleinere Einzelgrundstücke aufgeteilt und von den Erben Roths an Kaufleute, Senatoren und Reeder verkauft. Die Weserstraße wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts deshalb „Millionenviertel“ aber auch „Kapitänsstraße“ genannt, denn die hiesigen Kapitäne etablierten sich auf dieser südlichen Seite der Weserstraße. 1856 wohnten dort u.a. 37 Kapitäne, 35 Witwen, 31 Handwerker, je neun Matrosen und Steuerleute, sieben Kaufleute, vier Lehrer und je zwei Senatoren und Ärzte. Nach der Eingemeindung diverser Orte, die vor 1939 noch vor den Toren Bremens lagen und nun zu Bremen gehörten, gab es in der Hansestadt sechs Weserstraßen. Davon wurde die Vegesacker als schönste erkannt und durfte ihren Namen behalten, die anderen wurden umbenannt. Heute stehen 18 Häuser in dieser Straße unter Denkmalschutz.
„Die Weserstraße in Bremen-Vegesack gehört zu den schönsten Straßen in Deutschland. Kleine klassizistische Kapitänshäuser stehen neben gewaltigen Villen der Gründerzeit. An der Weserstraße wohnten Werftdirektoren und Kapitäne, Handwerker und Krämer, Lehrer und Kaufleute in enger Nachbarschaft. Die Gärten der Villen fallen teilweise steil zu Weser hin ab. Hier, wo einst der Botaniker Roth seltene Bäume pflanzte, liegt der Stadtgarten von Vegesack. Vom hohen Ufer, von den Veranden der Villen, genießt man den schönsten Ausblick von ganz Bremen – über die Weser weit hinein in das Oldenburger Land. Kapitänshauser und die Villen, die Gärten und der Park bilden ein Gesamtkunstwerk des 19 und 20. Jahrhunderts, das einmalig ist.“ (E.Arens 1998)
Ein historisches klassizistisches Bauwerk ist die im Volksmund bekannte „Nawatzki-Villa“ in der Weserstraße 65. 1838 hatte Hermann Friedrich Ulrichs, ein Schiffsbaumeister aus Bremen, Grundstücke am westlichen Weserhang, am sogenannten Fährgrund, aufgekauft und einen Schiffsbauplatz angelegt. 1840 ließ er das dreigeschössige Wohnhaus neben der Ulrichs-Werft bauen. Acht Jahre später war Ulrichs der Berater der deutschen Marineleitung unter Arnold Duckwitz und baute als erstes deutsches Kriegsschiff ein Ruderkanonen-Boot. Die Werft florierte; hier wurden zu Lebzeiten Ulrichs 68 Schiffe gebaut. Mit 56 Jahren starb Ulrichs plötzlich im Dezember 1865. Die stillgelegte Ulrichswerft wurde 1895 vom Bremer Vulkan übernommen und 1909 zog der Werftdirektor Victor Nawatzki in dieses Haus. Im Jahre 1944 war das Haus von amerikanischen Soldaten besetzt und diente als Depot. Nach der Besatzungszeit konnten Ingenieure vom Bremer Vulkan dort wohnen.
von Armin Seedorf